Leider versuchte bis heute kaum jemand das einzigartige Geheimnis der Freskenkunst zu entschlüsseln. Die Bemalung der alten Kirchen erhält nicht selten Einschätzungen, die auf ein Unverständnis der Probleme, die wiederum mit dem Verlust von kulturhistorischen Objekten verbunden sind, hindeuten.
Die Malerei ist kein Gegenstand der sinnlichen Wahrnehmung mehr, wie es im Mittelalter der Fall war. Der Künstler wurde nicht als Schöpfer der individuellen Werte wahrgenommen, sondern als Träger des überpersönlichen Bewusstseins, als Vollzieher des göttlichen Willens. Die Bildkunst musste eine rein lehrhafte Aufgabe erfüllen: religiöse Tatsachen allgemeinverständlich und präzis darstellen, dem Gedächtnis zur Hilfe stehen und die Phantasie arbeiten lassen.
Papst Gregor der Große schrieb: “Die Malerei wird in den Kirchen verwendet, damit die Analphabeten wenigstens, wenn sie auf die Wände schauen, das lesen, was sie in den Codices nicht zu entziffern in der Lage sind”.
In der Kirche wird eine besondere künstlerische Atmosphäre geschafft, die jeden fasziniert, der diese Anziehungskraft erlebt. Die Malerei des 15/16 Jh trägt einen zeitlosen und raumlosen Charakter. Die Gegenstände haben kein Gewicht, und die Figuren haben keinen Umfang. Aber die Entwicklung der mittelalterlichen Kunst wird darauf zurückgeführt, dass ihre Künstler die geeerbten Motive nicht einfach nachahmten, sondern diese gründlich überarbeiteten und danach strebten, in ihren Werken die Spiritualität möglichst voll zum Vorschein zu bringen. Die visuelle Wahrnehmung der Heiligenbilder auf den Fresken zwingt zum inneren individuellen Erleben. Die Freskenmaler leisteten einen unschätzbaren Beitrag in die Kunst vom Standpunkt des kulturhistorichen Erbes aus. Das äußere und innere Aussehen dieser Kirche stellt den historischen Prozess in aller Anschaulichkeit dar. An diesem Beispiel kann man die bezaubernde Schönheit der mittelalterlichen Freskenkunst in vollem Maße erleben.